Das Weinetikett

Wolfgang Hehner

 

Mit der zunehmenden Öffnung der Märkte wird das Angebot an Weinen aus aller Welt immer größer. Es gibt kaum eine Weinregion, die nicht in den Regalen der Anbieter zu finden ist. Dabei ist das Etikett häufig die einzige Möglichkeit, die für eine Kaufentscheidung wichtigen Eigenschaften eines Weines zu erfahren. Gleich eines Ausweises enthält es Informationen über Eigenschaften, Qualität und Herkunft des Weines.

Foto: ein gefülltes Weinregal bei einem Händler präsentiert die grenzenlose Vielfalt des Weinangebots. Fotograf: W. Hehner.

 

Grundsätzlich ist die Angabe einer Qualitätsbezeichnung in Verbindung mit einer Herkunftsangabe Pflicht. Hierbei wird bei Weinen europäischen Ursprungs zwischen einfachem Wein bzw. Tafelwein und den Weinen mit definierter Ursprungsbezeichnung wie Landwein, Qualitätswein und Prädikatswein unterschieden. Zur Ergänzung der Qualitätsdefinition finden bei Weinen aus anderen europäischen Staaten anstelle der von der Traubenqualität abhängigen Qualitätswein- und Prädikatsbegriffe des deutschen Bezeichnungssystems häufig Angaben über eine durch Lagerung erreichte Reife Verwendung, zum Beispiel Riserva oder Reserve. Weine aus Ländern, die nicht zur Europäischen Union gehören werden auf der Basis zwischenstaatlicher Handelsabkommen mit der Europäischen Union analog zum innergemeinschaftlichen Bezeichnungsrecht unterschieden in Weine ohne Ursprungsbezeichnung und Weine mit geografischer Herkunftsangabe. Grundsätzlich gilt, dass eine engere Benennung der Herkunft eines Weines immer ein höherwertiges Erzeugnis erwarten lässt.

 

Für die vollständige Wertbemessung eines Weines sind die ergänzenden freiwilligen Herkunftsbezeichnungen von besonderer Bedeutung. Das europäische Weinrecht legt dabei zu Grunde, dass die Möglichkeit der Angabe von Gebietsnamen an die Weinqualität gebunden ist, engere Herkunftsangaben bleiben also den höherwertigen Erzeugnissen vorbehalten. Bei einfachen Weinen (auch Tafelwein) ist nur die Nennung des Mitgliedstaates vorgesehen, in dem er seinen Ursprung hat. Dies kann nur dann durch die Angabe einer Gebietsbezeichnung ergänzt werden, zum Beispiel Neckar oder Oberrhein, wenn der Wein seinen Ursprung vollständig in diesem Gebiet hat. Bei den wertigeren Landweinen ist stets das entsprechende Landweingebiet genannt, beispielsweise schwäbischer Landwein oder Taubertäler Landwein. Im Falle von Qualitätswein, der im Französischen AOC und im Italienischen DOC heißt ist die Nennung des jeweiligen Qualitätsweingebietes zwingend erforderlich. Bei heimischen Erzeugnissen sind dies beispielsweise Baden oder Württemberg, aber auch andere bedeutende Begriffe aus der Weinwelt wie Bordeaux, Chablis, Champagne, Barolo, Friaul, Piemont und La Mancha, Penedes sowie Rioja sind derartige Anbaugebietsnamen.

 

Für Weingenießer sind noch genauere Ursprungsbezeichnungen wie Lagen und Gemeinden, die für die Bezeichnung von Qualitäts- oder Prädikatswein zulässig sind, ein bedeutender Anhaltspunkt. Die unterschiedlichen Herkunftsangaben lassen erkennen, wie die jeweiligen geologischen Verhältnisse waren. Diese Zusammenhänge führen zu charakteristischen Eigenschaften der jeweiligen Weine. Kenner wissen, dass manche Gemeinden und Lagen weithin bekannt sind für ihre Weine.

 

Die Angabe der Rebsorte lässt klare Rückschlüsse auf die Stilistik eines Weines zu. Ob nun der säurebetonte Riesling, der fruchtige Muskateller, der beschwingte Trollinger oder der nachhaltige Lemberger, jede Nennung der Weinrebe ist ein Hinweis darauf, wie der Wein schmecken sollte. Für Qualitäts- und Prädikatsweine ist verpflichtend vorgeschrieben, dass die Erzeugnisse auch typisch für die jeweiligen Sorteneigenschaften sind. Dies festzustellen ist ebenfalls Teil der Qualitätsweinprüfung.

 

Zu den bedeutenden, aber ebenfalls freiwilligen Angaben gehört nicht zuletzt auch der Jahrgang. Weinfreunde wissen, wann ein großartiger Jahresverlauf die besten Trauben reifen ließ und demzufolge die besten Weine geerntet werden konnten.

 

Nach dem neuen Bezeichnungsrecht der weinrechtlichen Bestimmungen 2009 ist zusätzlich für Erzeugnisse europäischen Ursprungs erforderlich, neben den Herkunftsangaben der Trauben auch den Staat anzugeben, in dem der Wein bereitet wurde, beispielsweise durch die Angabe „Wein aus Deutschland“ oder „Deutsches Erzeugnis“. In der momentanen Übergangsphase, die bis zum 31.12.2010 andauert wird dieser Hinweis auf freiwilliger Basis gemacht.

 

Bei inländischem Qualitätswein und Prädikatswein ist die erfolgreiche Vorstellung bei der Amtlichen Qualitätsweinprüfung zwingend vorgeschrieben. Dem Wein wird, sofern er analytisch und sensorisch in Ordnung ist, eine amtliche Prüfungsnummer zugeteilt, die auf dem Etikett anzugeben ist. Diese Prüfziffer beinhaltet durch die letzten beiden Stellen das Jahr der Prüfung, so dass ersichtlich ist, zu welchem Zeitpunkt der Wein positiv beurteilt wurde. Aber auch die höherwertigen Weine anderen europäischen Ursprungs müssen eine amtliche Kontrolle durchlaufen, bevor sie verkauft werden dürfen. Dies wird durch amtlich überwachten Kontrollsiegel oder andere Kontrollziffern dokumentiert und durch die entsprechenden Stellen europaweit überwacht.

 

Der Name des Abfüllers sowie der Ort der Abfüllung gehören ebenso zu den verpflichtend vorgeschriebenen Angaben. Dabei wird der Tatsache, dass Weinbereitung und Abfüllung im gleichen Betrieb stattgefunden haben durch die Angabe „Erzeugerabfüllung“, „Gutsabfüllung“ oder inhaltsgleiche Begriffe zum Ausdruck gebracht. Sind Erzeuger und Abfüller nicht identisch wird die Angaben „Abfüller“ oder im Falle der Abfüllung durch einen Auftragnehmer „abgefüllt für …“ erforderlich. Diese Angabe kann durch eine Kennziffer erfolgen, sofern dem Verbraucher ein anderer Vermarktungsbeteiligter genannt wird, der namentlich für das Erzeugnis verantwortlich ist.

Zur Bestimmung der Wertigkeit eines Weines ist auf dem Etikett der Alkoholgehalt anzugeben. Dabei wird der Wert an vorhandenem Alkohol deklariert, jeweils auf ganze oder halbe Einheiten gerundet. Weine mit niedrigem vorhandenem Alkoholgehalt haben meist noch unvergorene Zuckeranteile und schmecken daher süß. Zur Sicherung einer ausreichenden Transparenz ist die Schriftgröße für die Angabe dieses analytischen Wertes vorgegeben.

Zu den weiteren Pflichtangaben auf dem Etikett gehört die Angabe der Verpackungsgröße, ob es sich zum Beispiel um Liter- oder Eintelflaschen handelt. Für diese Angabe ist die Schriftgröße ebenfalls normiert, um für eine klare Erkennung der Inhaltsmenge zu sorgen.

 

Um dem möglichen allergenen Potenzial gerecht zu werden ist ein Hinweis auf den Sulfitgehalt erforderlich. Jedoch gehört ein adäquater Gehalt an Schwefelverbindungen zu einer guten Kellerwirtschaft, um für mikrobiologische Reinheit und Stabilität zu sorgen und kann als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden. Häufig ist übrigens nicht der Schwefel, sondern der Gehalt an Gärungsnebenprodukten ursächlich für den sprichwörtlichen Kater bei ausgelassenem Weingenuss. Weitere Kennzeichnungen nach den rechtlichen Bestimmungen zum Allergenpotenzial bestehen derzeit nicht, jedoch unterzieht die europäische Union regelmäßig alle Lebensmittel einer Prüfung, um die Notwendigkeit weiterer Allergenhinweise feststellen zu können.

 

Artikel erstmals erschienen am 14.01.2010